Es war ja eigentlich nie anders zu erwarten. Von Klein auf erzählte mir meine Mutter, dass ich es schon immer eilig hatte. Geduld war noch nie meine Stärke. Schließlich kam ich ja auch schon 4 Wochen zu früh auf die Welt. Konnte es einfach nicht abwarten, meine Umwelt verrückt zu machen. War halt einfach ungeduldig.
Was einmal so gut funktioniert hat, trotz enormer Geburtenungeduld wurde ich auf dieser Welt ja sehr herzlich willkommen geheißen, kann auch weiter so durchgezogen werden. Dachte ich mir. Anscheinend. Und scheine ich immer noch zu denken. Denkt ihr. Die Ungeduld – meine allgegenwärtige Begleiterin.
Wusstet ihr schon, dass man sich von Begleiterinnen, die seit mehr als 27 Jahren immer brav bei Fuß gehen, mehr schlecht als recht trennen kann? Ich untertreibe. Eine Trennung ist quasi ausgeschlossen.
Jeden Tag aufs Neue starre ich ihr ins Gesicht. Schaue sie mit meinem perfektionierten Dackelblick an. Spiele Krokodilstränenfabrik. Sag ihr „Das geht so nicht weiter mit uns. Wir sollten getrennte Wege gehen.“ Und sie? was macht die Ungeduld? Weigert sich. „Trennung ausgeschlossen.“
Erzwungene Zweisamkeit. Die Ungeduld und ich. Ich und die Ungeduld. Und so gehen wir Hand in Hand durchs Leben. Ein Spaziergang? Wo denkt ihr hin?
Ein Hürdenlauf. Hürde um Hürde. Hand in Hand.
Entspanntes Warten? Nicht mit uns. Den Dingen etwas Zeit lassen? Von wegen. Einfach mal abschalten? Unvorstellbar.
Und so gehen wir weiter durchs Leben. Hand in Hand. Und ihr? Könnt nur geduldig zusehen. Hoffen, dass die Langzeitbeziehung eines Tages doch noch vor dem Aus steht. Getrennte Wege unvermeidlich sind. Eines Tages. Ist halt alles eine Frage der Geduld.
Mal hüpft das Herz vor Vorfreude, mal zieht es vor Angst vor dem, was kommen wird. Die Gefühle fliegen auf und ab, hoch und runter, Salto Mortale. Denn die Ungeduld ist immer da. Ein bisschen bohrend, wie ein leichter, stetiger Druck auf den Magen. Wenn man sich auf eine Konstante im Leben verlassen kann, dann auf die Ungeduld. Liebe und Schmerz können vergehen, die Ungeduld ist so verlässlich wie ein Familienmitglied. Wäre sie nicht mehr, gäbe es dieses bestimmte Kribbeln nicht mehr. Vor Weihnachten, vor dem ersten Kuss, vor der Veröffentlichung eines Textes. Ich mag meine Ungeduld. Ohne sie wäre das Leben entspannter, ja, unbestritten. Aber etwas würde fehlen…