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Willkommen im Leben

Meine liebste Clara, heute hast du das Licht dieser Welt erblickt. Nicht ganz freiwillig wohlgemerkt, dafür aber gesund und ohne große Qualen.

Dass du einen kleinen Dickkopf hast, hast du bereits jetzt schon allen bewiesen. Gut so. Gestalte dir deine kleine Welt so, wie sie dir am besten gefällt. Ich würde auch nicht wochenlang kopfüber im Bauch herumgetragen werden wollen.

Deine Eltern haben schon mit dir geschimpft, als sie dir noch nicht einmal in dein kleines Gesicht schauen konnten. Wollten, dass du endlich einen Purzelbaum schlägst. Jetzt schlagen sie selber welche. Vor Freude. Weil du, kleiner Engel, so putzmunter in ihr Leben getreten bist.

Du musst wissen, dass die beiden zwei wunderbare Menschen sind. Es ist Zeit für einen Freudenschrei kleine Clara, denn du bist ein Wunschkind! Hast eine Mama und einen Papa, die dich über alles lieben. Es von der ersten Sekunde an getan haben, als sie erfahren haben, dass du auf dem Weg in ihr Leben bist.

Du wirst schnell herausfinden, mit welchem Blick du die zwei um den kleinen Finger wickeln kannst. Wie du kleine, salzige Tränen über deine Wange laufen lassen kannst und sie einfach nicht anders können werden, als dir jeden Wunsch zu erfüllen.

Tanzen sie dann doch einmal nicht nach deiner Pfeife, hey Clara, dann komm bei mir vorbei. Dann können wir Eis essen, bis wir platzen. Den ganzen Tag in unseren rosafarbenen Schlafanzügen herumlaufen. Über Jungs schimpfen. Uns die Nägel gegenseitig lackieren. Für dich shoppen, bis mein Konto glüht. Alles was du willst Prinzessin. Versprochen.

Willkommen im Leben kleine Clara. Und willkommen in einer Familie, die so unendlich dankbar ist, dass du jetzt zu uns gehören willst.

Sternschnuppenregen

Seit nun schon wieder einem Monat sind Stars und Sternchen fester Bestandteil meines Lebens. Ich habe nach den Sternen gegriffen und bin in der Welt der Promis gelandet. Zumindest am Schreibtisch. Und manchmal auch ganz nah dran. Wie letzte Woche. Ein beruflicher Termin führte mich in die Stadt zurück, die auf diesem Blog zu den größten Diskussionen geführt hatte: Paris.

In die Stadt der Liebe, in der ich vor gerade einmal 5 Monaten mit meinem besten Freund war. Als ich die Magie der Stadt aufsaugte, mich mit Champagner verwöhnen ließ und doch die ganze Zeit von Liebeskummer gequält wurde.

Jetzt, ein paar Monate später, spazierte ich abermals durch die Gärten der Tuileries, über die Champs-Élyéees und geradewegs, natürlich in den Disneyladen hinein. Allein. In meinem Kopf ratterte es ununterbrochen. Die Monate zwischen den beiden Besuchen kamen mir unwirklich und verschwommen vor. Soviel war passiert. Soviel hatte sich verändert. War ich endlich angekommen und glücklich?

Die traurige Realität: Nein. Und wie auch? Was wäre jeder einzelne Tag, wenn wir keine Ziele mehr hätten? Nichts mehr hätten, wonach wir streben könnten? Es keine Sterne mehr am Himmel geben würde, nach denen wir greifen wollen? Nach denen wir uns so sehr sehnen?

An die Tage zwischen Paris und heute habe ich abermals nur verschwommene Erinnerungen. Sieben lausige Tage, die meine Welt auf den Kopf gestellt haben. Sieben Tage, in denen Sterne am Himmel verglüht sind. Auf immer unerreichbar bleiben. Sternschnuppen mit fadem Beigeschmack. Sternschnuppen, denen ich es nicht zutraue, irgendjemand auf der Welt auch nur den kleinsten Wunsch erfüllt zu haben.

Und nun? Warten. Warten, bis der Sternschnuppenregen sich wieder legt. Die Sterne, nach denen es sich zu greifen lohnt, wieder hell am Himmel strahlen. Jetzt nur genau aufpassen. Keine übersehen. Die hellsten herauspicken.

Und dann, wenn ich ganz fest daran glaube, bin ich beim nächsten Termin in Paris vielleicht ein klitzekleines Stück glücklicher. Habe ein paar mehr Sterne halten können. Sterne, die nicht vorhaben, einfach wieder zu verglühen…

Die Dankesrede

Sollte ich einmal in den Genuss kommen, einen Preis verliehen zu bekommen, wäre das einer mit dem schmeichelhaften Namen „Miss Complicated“, „Dramaqueen“ oder „Madame Heulsuse“. Sehr wohl. Ich übertreibe nicht. Auch wenn ich sehr wohl zu Übertreibungen neige.

Mein Leben ist ein einziges Drama. Ich stehe jeden Tag vor den schlimmsten Entscheidungen. Werde jeden Tag ungerecht behandelt. Werde jeden Tag verletzt. So ist das. Glaubt man meinen Übertreibungen.

Müsste ich mich selbst mit mir unterhalten, würde ich mich zu oft unerträglich finden. Mein großes Glück: Es gibt Menschen in meinem Leben, die jeden Tag aufs Neue tapfer zu hören. Tapfer trösten. Tapfer aufmuntern. Tapfer unterstützen. Mir tapfer das Leben leichter machen.

Jeder einzelne von ihnen hätte eine Dankeskarte im Dauerabo verdient. Mindestens einmal pro Woche eine Blumenstrauß dazu. Mindestens einmal pro Monat eine verheulte Umarmung: „Was würde ich nur ohne dich machen?!“

Doch anstatt zu geben, nehme ich immer nur. Nehme ich eure Geduld, eure klugen Ratschläge, euren Einsatz für mich.

Es ist Zeit ein großes DANKE an euch in die Welt hinauszuschreien. Es festzuhalten, für alle lesbar. Ein Danke, dass euch vielleicht wenigstens etwas ermutigt, die Geduld mit mir nicht zu verlieren.

Danke, an die mir liebste Brünette in blonder Tarnung, die für mich pöbelt, wann immer ich es brauche. Die mich Erdbeerfee nennt. Die mit einem einzelnen Blick tief in mich hineinsehen und meine Seele berühren kann.

Danke, an den allseits bekannten Freund, der mit mir flirtet, wenn ich gerade Bestätigung brauche. Der es wirklich jedes Mal schafft meine Hyroglyphen zu entziffern, wenn ich mal wieder heulend an ihn schreibe. Der mich in den Arm nimmt, genau dann, wenn ich es brauche. Und der mit mir mal eben nach Paris fährt, damit ich ein Picknick an der Seine bekomme,

Danke, an meinen Lieblings-Ex-Kollegen, der mit mir jeden Morgen Kaffee trinken geht. Der sich den ganzen Tag mein Gezicke anhört und auf die Männer flucht, gerade dann, wenn ich es am meisten brauche.

Danke an meine liebe Freundin, die für mich Plätzchen backt uns sich meine Probleme anhört, obwohl es mir viel zu oft besser geht als ihr.

Danke an meinen Dad, der wirklich immer spürt, wenn ich ihn  gerade noch ein Stückchen mehr brauche, als ich es sonst schon immer tu.

Danke, an den Menschen, der sich für mich eingesetzt hat, an mich geglaubt hat und es vielleicht auch immer noch tut. Dem ich es aber leider nicht mehr sagen kann.

Und danke, an den Mann an meiner Seite, der verrückt genug ist, uns nicht aufzugeben. Der mich regelmäßig auf Wolke 7 spazieren gehen lässt. Der es vielleicht tatsächlich eines Tages schafft, aus mir einen entspannteren Menschen zu machen…

Eins ist sicher: Ausnahmsweise, neige ich gerade einmal nicht zu Übertreibungen…

Misses Ungeduld

Es war ja eigentlich nie anders zu erwarten. Von Klein auf erzählte mir meine Mutter, dass ich es schon immer eilig hatte. Geduld war noch nie meine Stärke. Schließlich kam ich ja auch schon 4 Wochen zu früh auf die Welt. Konnte es einfach nicht abwarten, meine Umwelt verrückt zu machen. War halt einfach ungeduldig.

Was einmal so gut funktioniert hat, trotz enormer Geburtenungeduld wurde ich auf dieser Welt ja sehr herzlich willkommen geheißen, kann auch weiter so durchgezogen werden. Dachte ich mir. Anscheinend. Und scheine ich immer noch zu denken. Denkt ihr. Die Ungeduld – meine allgegenwärtige Begleiterin.

Wusstet ihr schon, dass man sich von Begleiterinnen, die seit mehr als 27 Jahren immer brav bei Fuß gehen, mehr schlecht als recht trennen kann? Ich untertreibe. Eine Trennung ist quasi ausgeschlossen.

Jeden Tag aufs Neue starre ich ihr ins Gesicht. Schaue sie mit meinem perfektionierten Dackelblick an. Spiele Krokodilstränenfabrik. Sag ihr „Das geht so nicht weiter mit uns. Wir sollten getrennte Wege gehen.“ Und sie? was macht die Ungeduld? Weigert sich. „Trennung ausgeschlossen.“

Erzwungene Zweisamkeit. Die Ungeduld und ich. Ich und die Ungeduld. Und so gehen wir Hand in Hand durchs Leben. Ein Spaziergang? Wo denkt ihr hin?

Ein Hürdenlauf. Hürde um Hürde. Hand in Hand.

Entspanntes Warten? Nicht mit uns. Den Dingen etwas Zeit lassen? Von wegen. Einfach mal abschalten? Unvorstellbar.

Und so gehen wir weiter durchs Leben. Hand in Hand. Und ihr? Könnt nur geduldig zusehen. Hoffen, dass die Langzeitbeziehung eines Tages doch noch vor dem Aus steht. Getrennte Wege unvermeidlich sind. Eines Tages. Ist halt alles eine Frage der Geduld.

Es gab eine Zeit, da hofierte der gemeine Mann noch die Dame seiner Wahl, und als Zeichen des nahenden Erfolgs galt ihm das von ihr fallengelassene Taschentuch. Fallengelassen nicht etwa zufällig, sondern mit Berechnung, in einem Moment, da er dessen auch sicher gewahr sein musste. Fallengelassen, auf daß er es aufhebe und als Trophäe behielte. Heute ist das anders; Tempo und Kleenex haben dieser hübschen Sitte den Todesstoß versetzt – wer sammelte schon Papiertaschentücher? Unbenutzt sind sie anonyme Massenware, gebraucht sind sie zwar äußerst individuell, aber leider auch sehr eklig. Weil aber unsere Paarungsriten seit Jahrhunderten angelerntes Kulturgut sind, kann man das Taschentuch nicht einfach in den Mülleimer der Geschichte werfen, man muß Ersatz schaffen.

Als Ersatz bietet sich, wie ich finde, auf den ersten Blick die Handynummer an, denn sie ist ähnlich individuell und gut zu hüten wie einst das Taschentuch, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Im weiteren Verlauf des Rituals ist sie praktisch nutzbar, wohingegen das Taschentuch nur von sentimentalem Wert ist. Unproblematisch ist die Handynummer allerdings auch wieder nicht. So habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, Bekanntschaften, die ich zu später Stunde im dazugehörigen Zustand auftue, immer nur meine Nummer zu geben, aber nie nach den ihren zu fragen. Dann nämlich entgeht man leichter den eher unhübschen Erfahrungen mit „sms von gestern Nacht“ und ähnlichem. Aber selbst, wenn sich solche Fallstricke mit etwas Vorsicht und Zurückhaltung vermeiden lassen, bleibt die Angelegenheit schwierig, denn die Behandlung der eigenen Handynummer läuft von Seiten der Weiblichkeit höchst uneinheitlich:

Es gibt erstens Frauen, die gar nichts dabei finden, ihre Nummernherauszugeben. Es gibt zweitens Frauen, die einem ihre Nummer aufdrängen. Es gibt drittens Frauen, die ihre Handynummer so stilsicher weitergeben, als wäre sie das gute, alte Taschentuch. Es gibt viertens Frauen, die sich zwar nicht stilvollendet zu verhalten wissen, sondern sogar über die Maßen direkt vorgehen – das aber machen sie mit einem entzückend unverstellten Charme. Und fünftens gibt es Frauen, die hüten ihre Handynummer wie ein arabischer Patriarch den Hymen seiner Tochter. Da soll sich dann einer auskennen!

Eine Kellnerin meines Stammcafés fragte ich einmal, gerade als ich die Rechnung bestellt hatte, ob man sich außerhalb des Cafés treffen könne. Sie sagte darauf gar nichts, drehte sich sofort um und entschwand flotten Schrittes. Etwas später kehrte sie mit der Rechnung zurück, und sie sagte noch immer nichts. Ich zahlte, deutlich geknickt von der offensichtlichen Schlappe. Dann stand ich auf, packte meine Sachen, wollte gehen – die Kellnerin aber sprach endlich zu mir: Die Rechnung würde ich an deiner Stelle aufheben. Sie gehörte eindeutig der dritten Kategorie an.

Kategorie Nr. 4 hingegen geht so: Ich feierte Geburtstag und lud zu diesem Zwecke auch einen Freund ein, der eine Bekannte hat, die gerne mitgekommen wäre. Er gab ihr meine Nummer, sie rief mich an und fragte, ob sie ihn begleiten dürfe. So hatte ich ihre Nummer, und ich behielt sie. Einige Wochen gingen ins Land, ihr Geburtstag zog herauf, ich erinnerte mich ihrer Nummer und gratulierte ihr per sms. Am nächsten Tag bekam ich Antwort: „Joachim! Wie entzückend von dir, an mich zu denken! Und meine Handynummer hast du auch noch. Warum benutzt du die eigentlich nie?“ Das fand ich dann so charmant, daß ich die sms bis heute auswendig kann.

Zur fünften Kategorie gäbe es auch noch einiges zu sagen, aber ich verzichte darauf, denn wer weiß schon, was das Morgen bringt? Und wer weiß, wie er das Morgen durch heutiges Geschwätz beeinflusst?

Insgesamt aber gibt die Gemengelage nicht viel her, ein irgendwie schlüssiges Bild lässt sich nicht zeichnen, die Theorie des kommunikativen Aktes der Handynummernweitergabe steckt noch in den Kinderschuhen. Und ich muß weiter bitten und bestechen…

Unsere Eltern, ältere Brüder oder Schwestern, beste Freundinnen oder Freunde tun ihr bestes um es zu verhindern, aber es scheint kein Weg daran vorbeizuführen: Mindestens einmal pro Leben wird uns das Herz gebrochen.

Wir durchweinen Nächte, ertränken uns in Alkohol, baden in Selbstzweifeln und schaffen es langsam, Millimeter für Millimeter, manchmal sogar Dezimeter große Stücke weit, uns wieder aufzurappeln. Sogar wieder Vertrauen zu fassen. Wenn wir Glück haben, ein größeres Glück zu finden, als wir es je zuvor geglaubt gefunden zu haben.

Doch was zurück bleibt, egal wie glücklich wir nun sein mögen, ist diese eine Stelle an unserem Herzen, die sich dunkel verfärbt zu haben scheint und die einfach nicht wieder munter und fröhlich durchblutet werden will. Die sich aus dem Leben und vor allem aus Gefühlen raushalten will. Die uns immer wieder sagt: Mir wurde weh getan.

Was tun, damit auch sie heilen kann? Gibt es eine Anleitung dafür, gebrochene Herzen wieder herzustellen? Zu kitten? In eine Reha zu schicken? Welche Therapie wirkt am besten?

Da begegnen sich zwei Freunde, ein Mann und eine Frau, die beide auf ihre ganze eigene Art und Weise verletzt wurden. Die Frau meint, sie würde sich am liebsten für die Ungerechtigkeit, die ihr widerfahren ist, rächen, einen richtig fiesen Racheplan aushecken. Und der Mann? Er steht einfach nur verständnislos da. Schaut seine gute Freundin zweifelnd an und fragt: Warum rächen? Was bringt dir das? Mir reicht es zu hassen.

Also wie verhält man sich nun richtig? Stillschweigend akzeptieren, dass man verletzt wurde, womöglich sogar hintergangen wurde? Oder doch den Schmerz an der Person auslassen, die einem ein Stück wertvollen Boden unter den Füßen weggezogen hat? Und vor allem: Hat man das Recht sich einzumischen in ungerechte Geschehen? Sagt man einer Person, mit der man gut bekannt oder befreundet ist, dass sie hintergangen wurde oder hintergangen wird? Gibt es einen Knigge für gebrochene Herzen?

Der DLDwomen 2010 endete mit einer ganz simplen Frage: Was bringt dich dazu, jeden Morgen aufzustehen? Eine simple Frage, die alles andere als leicht zu beantworten ist, oder?

Ist es der Job? Die Pflicht, jeden Tag aus dem Bett zu kriechen um Geld zu verdienen? Oder ist es der Wunsch, andere Menschen glücklich zu machen? Eine gute Tat pro Tag – Pfadfinderehrenwort. Oder ist es vielleicht einfach der Wunsch, nichts im leben zu verpassen? Jede Sekunde unserer vergänglichen Zeit auf der Erde auszukosten?

Was bringt usn dazu auch in den Zeiten aufzustehen, in denen wir am liebsten nie wieder unter der Bettdecke hervorkommen wollen? In denen uns jegliche Kraft fehlt, auch nur einem anderen Menschen zu begegnen?

Für mich lohnt sich jeder Tag, der mich einmal zum Lächeln bringen konnte. Zu einem wahren Lächeln, das von innen kommt. Kein aufgesetztes Happy-american-familiy-smile. Und noch mehr lohnt es sich aufzustehen, wenn ich es selbst schaffe, solch ein Lächeln ins Gesicht und vor allem in die Augen eines anderen Menschen zu zaubern. Sei es ein Familienmitglied, der Partner, ein Kollege oder die fremde Frau auf der Straße. Was kann schon kostbarer sein, als zu einem ehrlichen Lächeln zu verzaubern?

Als junges Mädchen gewöhnte ich mir an, mir jeden Tag ein bestimmtes Ding oder Ereignis auszusuchen, auf das ich mich an diesem Tag besonders freue. Das konnte der Geburtstag einer Freundin sein, die Aussicht darauf, besonders früh Schluss zu haben oder auch einfach nur ein neues Haargummi, das ich meinen Freundinnen stolz zeigen wollte. Habe ich heute die Hoffnung auf ein Lächeln aufgegeben, hilft mir spätestens diese Methode immer noch aufzustehen. Und sei es nur die Aussicht darauf, einen bestimmten Song den ganzen Tag in Dauerschleife hören zu können. Oder natürlich das allmorgendliche Frühstücksbuffet mit einem lieben Freund, das mir selbst durch die schlimmsten Zeiten geholfen hat.

Und ihr? Was bringt euch dazu, jeden Morgen aufzustehen?

Die Trauzeugin

“Du musst übrigens mein Strumpfband versteigern. Aber ich gebe dir dann noch ein paar tolle Tipps, wie du da auch richtig verdienst.“

Ich gestehe: Ich bin 27, nicht verheiratet, kinderlos, frisch verliebt. Und ich bin Trauzeugin.

Wie konnte mir das nur passieren. Und überhaupt: Was macht eine Trauzeugin?

Traut man dem Gesetz, sind wir, die Trauzeugen, völlig überflüssig. Man braucht uns nicht mehr. Wir sind unnütz.

Traut man den Menschen im Hochzeitswahn, reichen unsere Aufgaben vom Überreichen der Ringe, über die Planung einer einmaligen Feier, bis hin zur Paartherapie in schlechten Zeiten.

Und ich: Ich habe mir natürlich in den Kopf gesetzt, meinem Schwesterherz, der Braut, eine unvergessliche Feier ohne allzu große Peinlichkeiten, aber mit viel Stil und feuchten Augen, aber bitte kitschfrei, zu bieten.

Ohne Kitsch. Das hätte ich vielleicht auch ihr  sagen sollen. Naja, ich werde bei der Feier dann schon klar stellen, dass die überromantischen „Aaaaaaaaaaaa“ und „Oooooooooohhh“-Momente nicht auf mein Trauzeuginnenkonto gehen.

Ich, liebe Feiergemeinde, werde euch das Geld aus der Tasche ziehen und euch den letzten Atem rauben. Ich werde für die „Gnihihi“- und „Rofl“-Momente verantwortlich sein. Und hoffentlich auch für das Strahlen in den Augen meiner Schwester.

Ich bin 27, frisch verliebt und furchtbar stolz, diesen Tag für meine Schwester mitgestalten zu dürfen. Und ein Teil dieser Ehe zu werden.

Jahaha Schwesterherz, das hättest du dir vorher überlegen müssen! 😉

Und plötzlich ist alles anders. Nur ein Abend. Ein Blick. Eine Flut an Blicken. Das erste Lächeln. Das erste ausgetauschte Wort. Das erste weggeschnappte Bier. Das erste verlorene Kickerspiel.

Und plötzlich fragst du dich, warum dir dieser Mensch nicht schon vor einem Jahr über den Weg gelaufen ist. Warum du auf dieses innerliche Verrücktwerden vor Unfassbarkeit so lange warten musstest. Wie es sein konnte, dass ihr seit anderthalb Jahren in der gleichen Stadt lebt, sich eure Augen aber noch nie getroffen haben. Wie ihr in den letzten anderthalb Jahren überhaupt in dieser Stadt leben konntet, ohne ständig von dem Gefühl begleitet zu werden: Da kommt was ganz großes auf mich zu.

Und plötzlich trägst du sie selbst. Die Gläser in Prinzessinnenfarbe. Und du kannst es nicht fassen. Nicht fassen, dass dir ein Mensch so vertraut ist, den du eigentlich noch gar nicht kennen dürftest. Das plötzlich ein anderer Mensch jeden deiner Gedanken bestimmt. Und er dich wahnsinnig macht. Wahnsinnig vor Glück, wenn er bei dir ist. Wahnsinnig vor Sehnsucht, wenn er dir einen Abschiedkuss gibt. Wahnsinnig vor Leben, weil du ihn treffen durftest. Weil du ihn kennen lernen darfst. Weil du ihn an deiner Seite haben darfst. Wahnsinnig vor Unbegreiflichkeit, weil du den Sternen auf einmal so nah bist…

Adoptionssucht

Es ist eine heute weit verbreitete Ansicht, Männer und Frauen würden sich wie Männer und Frauen verhalten, weil sie sich schon zu Urzeiten wie Männer und Frauen verhielten. Die in der Steinzeit angelegten Verhaltensmuster sollen auch im Jahr 2010 noch unseren Umgang mit der Welt und mit einander bestimmen. Ganz zu schweigen von der Buttersuche. Die nämlich ist das Paradebeispiel für diese Theorie, es heißt, der Mann finde die Butter im Kühlschrank nicht, weil er früher jagen mußte, weshalb er seinen Blick fokussieren, aber nicht schweifen lassen könne. Ich stelle mir da dann immer vor, wie ich so als Steinzeitmensch einem Mammut gegenüberstehe, den Holzspeer hochreiße und dann – dann muß ich natürlich ganz genau zielen, denn so ein Mammut, das trifft man nicht einfach, wenn es fünf Meter vor einem steht, da wäre man verloren, hätte man nicht die genetische Disposition zum Scharfschützen … Grober Unfug, diese Theorie! Oder etwa nicht?
Die Frauen in meiner Umgebung haben alle, alle, alle das gleiche Hobby, sie adoptieren Gegenstände, die vernünftigerweise entsorgt gehörten. Da wird vielerlei gesammelt: Tassen, Tische, Lampen, Kommoden, Stühle, Vasen, und eine der Damen sammelt auch mal halbgegessenes Gemüse unter ihrem Bett (ja, das Letzte gehört nun nicht unbedingt zum hier angesprochenen Phänomen, aber es ist wahr, und es ist skurril, und also wollte ich es unbedingt erwähnt haben). Besonders bunt treibt es eine mir bekannte Zwei-Frauen-WG, in deren Wohnzimmer nun eine kaputte alte Stehlampe, eine funktionierende, aber dafür häßliche und noch ältere Stehlampe, eine Gründerzeit-Kommode, eine Stereoanlage aus den späten 70ern, eine ebensolche aus den frühen 70ern nebst dazugehörigem Sideboard und noch allerlei kleinere Staubfänger eine wilde Party feiern. Übrigens sind das nur die Partygäste, die vorm Sperrmüll gerettet wurden, natürlich stehen auch noch ganz ordinär gekaufte, zeitgemäße Möbel herum. In den anderen Zimmern sieht es auch nicht anders aus, und so langsam haben die Mädels ein Platzproblem. Aber das gerade erst gerettete Sideboard ist doch viel zu schön, als daß man es nicht adoptieren müßte, die Kommode ist eben auch einfach zu schade für das Exil im Keller, und schließlich die Lampen sind so individuell und mit Charakter ausgestattet. Was also macht man? Man schiebt alle Möbel so lange durch das Zimmer, bis ein jedes dann doch wieder einen Platz gefunden hat, an dem es halbwegs zur Geltung kommt und die Kreise der Zimmergenossen nicht allzu sehr stört. Das macht man. Das mache ich. Das mache ich abends um elf, obwohl ich nur zum gepflegten, gemeinsamen Betrinken eingeladen wurde.
Und auf dem Heimweg frage ich mich dann: War das schon immer so? Den ganzen langen Heimweg durch die Stadt frage ich mich das. Mit dieser Frage gehe ich ins Bett, sie begleitet mich in meine Träume. Ich träume von einer Steinzeitfrau. Die Steinzeitfrau sitzt in ihrer Höhle, blickt auf einen alten, abgenutzten Mahlstein und denkt sich: „Wo soll ich nur Omas alten Mahlstein hinstellen? Aber zum Wegwerfen war er doch wirklich zu schade. Klar, ich hab‘ schon den von Tante Ursula kaum untergebracht, aber diese alten Mahlsteine sind halt echte Schmuckstücke, die muß man doch einfach behalten. Gut, ich habe auch noch meinen eigenen, den ich bei dieser schwedischen Sippschaft ein Tal weiter günstig eingekauft habe, aber die beiden alten sind ja auch eher Deko-Elemente, zum Benutzen sind die ja gar nicht gedacht. Aber wo stelle ich nur Omas Mahlstein jetzt hin? Ich brauche eine größere Höhle …“
Grober Unfug? Wahrscheinlich. Aber warum sonst macht Ihr Mädels das?